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Auffindbar sein und es dem Endkunden einfach machen

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Ralf Biesemeier

Ralf Biesemeier ist Geschäftsführer von readbox in Dortmund. Fachmedien NEWS sprach mit ihm über direkte Kundenansprache durch Verlage, Digitalisierung und Chancen, die Macht von Amazon & Co. zu beschränken.

Fachmedien NEWS: Wie kann ein Verlag weniger abhängig von Amazon & Co. werden?

Ralf Biesemeier: Die Branche hat sich in der Vergangenheit eigentlich immer sehr paradox verhalten: Obwohl das Buch durch und durch ein Konsumentenprodukt ist, war und ist die Kernkompetenz der Verlage das Beziehungsmanagement zum Handel. Sichtbarkeit und damit Kaufbarkeit hieß: im Regal der Händler stehen. In einem Markt, in dem der Online-Handel – und damit die Nutzung digitaler Medien – immer mehr an Bedeutung gewinnt, ändern sich diese Mechanismen in signifikanter Art und Weise: Sichtbarkeit wird zunehmend nicht mehr beim Händler generiert, sondern eine oder zwei Stufen weiter vorne im Prozess: Die Inhalte müssen zukünftig dort gefunden werden, wo der Endkunde sucht – und das wird weniger der Handel als Google, Siri oder andere Internetsuchsysteme sein.

Dort ist dann auch die Wettbewerbssituation eine andere – plötzlich, und schon jetzt, konkurrieren Buchinhalte mit Facebook, YouTube, Wikipedia & Co. Das macht die Dinge komplexer, ist aber gleichzeitig auch eine große Chance für die Verlage – im Direktgeschäft nämlich. Hier gibt es auch interessante Studien, die zeigen, dass der Handel im Internet seine grundlegende, bisherige Bedeutung verliert. Das Internet selbst wird zum Handelskanal und die Affinität der (End-)Kunden zu Herstellermarken ist im Web größer als zu Handelsmarken. Darauf müssen sich die Verlage konzentrieren und jetzt die nötigen Investitionen in die (nahe) Zukunft tätigen. Die Karten werden insofern neu gemischt. Gewinnen werden diejenigen, die besser als andere verstehen, Metadaten, Suchmaschinenoptimierung, Inhaltepräsentation und Kaufprozesse für den Endkunden relevant, schnell, einfach und werthaltig umzusetzen. Vor dieser Aufgabe steht auch Amazon – wie der gesamte Handel.

Fachmedien NEWS: Stichwort Discoverability: Wie kann ein Verlag die Auffindbarkeit seiner E-Books verbessern?

Ralf Biesemeier: Zunächst einmal müssen Verlage lernen, die eingetretenen Pfade zu verlassen und sich auf das Konzept einzulassen, dass der Endkunde ihr Kunde ist. Es ist eine der Grundvoraussetzungen, sich nicht alleine auf den Handel zu verlassen, sondern Wege zu finden, Werkzeuge und Kanäle zu nutzen, die auf den Endkunden abzielen und ihn mit den Inhalten konfrontieren. Und es ihm einfach machen, die Inhalte bei Gefallen auch zu kaufen.

Leseproben in allen relevanten Formaten, mit entsprechenden Links zum Kaufen in allen Shops, um den Kunden abzuholen, sind zum Beispiel eine einfache, aber sehr effektive Möglichkeit. Hier lassen sich auch Multiplikatoren wie Autoren nutzen, um die Reichweite zu erhöhen. Ebenso können Leser mit sogenannten In-Book-Marketing-Anzeigen in verkauften E-Books nach der Lektüre direkt mit weiteren relevanten Titeln aus dem Verlagsprogramm konfrontiert und somit festgehalten werden.

Entscheidend ist dabei, die Prozesse in der Planung und Durchführung solcher Maßnahmen möglichst effizient zu gestalten. Das Ziel muss sein, möglichst wenig Aufwand zu generieren, aber eine maximale Reichweite und Relevanz/Mehrwert für den Endkunden zu generieren. Solche Tools sind schon heute für Verlage verfüg- und nutzbar. Es muss in den Verlagen aber auch die Kompetenz und das Verständnis für die Wichtigkeit und die Erfolgschancen zum Beispiel der oben beschriebenen Maßnahmen vorhanden sein. Das ist leider noch zu selten der Fall.

Fachmedien NEWS: Wie sieht der technologische Status quo aus? Welche Erkenntnisse und Alternativen gibt es?

Ralf Biesemeier: Die konsequente Ausrichtung auf den Endkunden zahlt sich sehr deutlich und direkt aus. Mit den entsprechenden Maßnahmen generiert der Verlag selbst Nachfrage beim Endkunden, die im Endeffekt zu Absatz- und Umsatzsteigerungen auch im Handel führt. Wir haben Verlage im Kundenkreis, die durch entsprechende Kampagnen und Aktivitäten ihre Umsätze innerhalb weniger Monate um über 50 Prozent gesteigert haben.

Alternativen gibt es eigentlich so gut wie keine. Es wird ohne Endkundenmarketing für die allermeisten Verlage eher noch schwieriger als bisher werden, ihre Bücher zu verkaufen. Alleine weil jedes Jahr mehr Bücher und E-Books erscheinen und auch die Wettbewerbssituation den Markt für Verlagsinhalte kleiner werden lässt.

Fachmedien NEWS: EPUB, MOBI, PDF – Es gibt zahlreiche Formate. Welches Format ist für Fachbücher, die oft eine kleine Zielgruppe haben, in der Regel viele Grafiken beinhalten und häufig nach wenigen Jahren mit überholtem Inhalt kämpfen am besten geeignet?

Ralf Biesemeier: Eigentlich stellt sich die Frage nach dem Format nicht. Wichtig ist, sich nicht zwischen entweder und oder zu entscheiden. Der Kunde muss entscheiden können, welches Format er, aus welchen Gründen auch immer, benötigt. Dieses muss er dann auch bekommen. Dazu müssen natürlich die Prozesse so schlank und agil organisiert sein, dass der Grenzaufwand pro zusätzlichem Format nahezu null ist.

Natürlich zeigen die unterschiedlichen Formate zum Teil auch sehr unterschiedliche Funktionalitäten, gerade wenn es um Features geht, die den Kunden aus dem Internet bestens bekannt und für Fachinhalte durchaus werthaltig sind. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit, Inhalte automatisch und aus der Ferne zu aktualisieren und/oder Audio- und Videoelemente/interaktive Elemente zu integrieren. Hier hat das EPUB-Format, insbesondere EPUB 3 besonders für Fachbücher einige Vorteile. Sich deshalb aber nur auf ein Format und eine Plattform zu konzentrieren, wird nicht den gewünschten Vertriebserfolg bringen. Verlage müssen im Gegenteil Wege finden, auf effiziente und möglichst einfache Art und Weise Formate für alle Plattformen und jeden Kundenbedarf anzubieten.

www.readbox.net

Quelle/Foto: readbox


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